Otto Salomon

»Otto Bruder« war sein schriftstellerisches Pseudonym: Otto Salomon, jüdischer Herkunft und als 20-Jähriger getauft, gehörte zu den engsten Mitarbeitern Albert Lempps. Dieser half ihm bei der Flucht in die Schweiz.

Otto Salomon, geboren am xxx 1889 in xxx, war jüdischer Herkunft. 1911 war er Christ geworden und hatte sich taufen lassen. Sein Pseudonym »Bruder« verrät etwas über seinen theologischen Ort: Salomon stand der christlichen Wandervogel-Jugendbewegung nahe und arbeitete im »Neuwerkkreis« ebenso mit wie in der mit diesem verbundenen neuhutterischen Bruderhof-Bewegung (Eberhard und Emmy Arnold).

Der »Neuwerkkreis« war eine evangelische Wandervogel-Bewegung, die am stärksten im Südwesten Deutschlands verbreitet war. Jugendbewegt und theologisch mit einem Hauch von Sozialismus war es ihr romantisches Ziel, die der Kirche und der christlichen Tradition in den Jahrzehnten der Industrialisierung entfremdete Arbeiterschaft zurückzugewinnen. Bruderhöfe sollten nach dem Vorbild der täuferischen Hutterer urchristlich-kommunitäres Leben ermöglichen.

Vor allem Gedanken des religiösen Sozialisten Christoph Friedrich Blumhardt (1842-1919) prägten Otto Salomon. Eine Nähe, die sich bis in seine innersten Lebensverhältnisse spiegelte: 1930 heiratete er Elfriede Weber, eine Enkelin des württembergischen Theologen, »Reich-Gottes«-Prediger, Dichters und späteren SPD-Landtagsabgeordneten.

Otto Salomon arbeitete als Schauspieler und Dramaturg, war Romanautor und Dichter. Seine Lyrik veröffentlichte er unter dem Pseudonym Otto Johannes Bernt. Bis zu seiner von Albert Lempp unterstützten Flucht in die Schweiz 1938 arbeitete Salomon in führender Stellung für den Christian Kaiser Verlag.

Helmut Gollwitzer, der 1928 in München ein Philosophiestudium begonnen hatte, erinnerte sich später, wie Salomon ihn stets freundlich in seinem Verlagszimmer in der Isabellastraße empfangen habe: »Otto Salomon war einer der ersten Dichter, denen ich begegnete, und der erste, mit dem ich befreundet sein durfte. (…) Auch er hatte wie Merz Sympathien für die nationale Welle der jungen Generation, wogegen ich, von da herkommend, mich gerade davon abgewendet hatte. Der ‚Fall Dehn‘ hatte meinen Linksruck noch beschleunigt, und in München fand ich Leute von der SAJ (Sozialistische Arbeiterjugend) und der KAP (Kommunistische Arbeiterpartei), einer kleinen kommunistischen Splittergruppe, die mich zu Ottos Kopfschütteln mehr anzogen als die Bemühungen um die Erneuerung des deutschen Volkstums.«

Gollwitzer beschreibt auch, wie Salomon nach 1933 im Verlag zunächst aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit genommen wurde: »Er liebte das Germanische, mancher aber lernte an ihm das Jüdische lieben. Seines Judeseins wegen musste er bald nach 1933 aus seinem Zimmer in eine verborgene Hinterkammer des Verlags ziehen, um sein Bleiben zu ermöglichen; schließlich half auch das nichts mehr, und er ging 1938 mit seiner geliebten Frau Elfriede, der Blumhardt-Enkelin, in die Schweiz. Mit Schmerz und großer Erleichterung sahen wir dem Freunde, den wir und der Verlag so viel zu danken hatten, nach, als wir ihn gerettet wussten. Wenn ich heute meine, dass am Verhältnis zum Judentum alle Untreue und alle treue der Kirche zu der ihr anvertrauten Botschaft an den Tag kommt, dann steht am Anfang der Entstehung dieser Überzeugung die Begegnung mit Otto Salomon.«

In Zürich arbeitete Salomon zunächst als Lektor im dortigen Gotthelf Verlag. Am 24. September 1939 begegnete Salomon in Zollikon Karl Barth, der sich für ihn einsetzte und ein Gutachten für ihn schrieb. In einem Brief zur Frage, wie sich die europäischen Kirchen zum Krieg verhalten sollen, den Barth Anfang Oktober an den späteren ersten Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen, den Niederländer Willem Adolf Visser’t Hooft (1900-1985), schreibt, erwähnt der Schweizer Theologe die Begegnung.

Otto Salomon war lange Zeit Leiter des Zürcher Zwingli­ Verlags und gründete schließlich den nicht unbedeutenden Flamberg-Verlag (der Flamberg ist ein Anfang des 15. Jahrhunderts aufgekommenes Schwert mit welliger Klinge, also ein sogenanntes Flammenschwert, mit dem häufig auch Erzengel abgebildet werden). 1971 starb Otto Salomon in Zürich.

Von Otto Salomon stammt – veröffentlicht unter seinem Pseudonym Otto Bruder – das Weihnachtslied »Stern und Engel, Hirten und die Weisen«. Paul Ernst Ruppel (1913-2006) hat es 1967 vertont. (ms)

Stern und Engel, Hirten und die Weisen
künden uns das Große, das geschah.
Und wir loben, danken und wir preisen,
Gott ist nah!

Weg von Trauer, Jammer und Beschwerde
wenden wir das schmerzliche Gesicht,
Brüder, über aller Nacht der Erde
ist es licht!

Unserer Sünden nimmer zu gedenken,
gab Gott seinen Sohn in Leid und Tod.
Sollte er mit ihm nicht alles schenken,
was uns not?

Keiner ist verlassen und verloren,
der da glaubt, weil seine Hand ihn hält.
Der Erretter ist für uns geboren;
Trost der Welt.

Quellen zu Otto Salomon (Otto Bruder, 1889-1971):

  • Gerhard Sauter: Otto Salomon zum Gedenken, in: EvTh 71 (1971), 449
  • Ludwig und Margrit Hönig (Hg.): Otto Bruder. Aus seinem Leben und Wirken. Stuttgart 1975
  • 1845-1970 Almanach. 125 Jahre Chr. Kaiser Verlag München, darin: Helmut Gollwitzer, Zwischen den Zeiten (S. 42-50)
  • http://www.kaffeestuebchen.eu/pastoerchen/bruder.htm