Chr. Kaiser Verlag

Kurze Geschichte des Christian Kaiser Verlags.

Isabellastraße 20 – Wohn- und Verlagshaus

Albert Lempp und die Isabellastraße 20
von Armin Rudi Kitzmann

Dieses Gebäude, Isabellastraße 20, hat Albert Lempp im Jahr 1924 erworben. Es ist heute noch im Besitz der Familie Lempp und wird z. T. noch von ihr bewohnt. Albert Lempp (1884-1943) hatte den Christian-Kaiser-Verlag neu gegründet, und dieses Haus war das Verlagsgebäude bis 1986, als der Verlag und die Buchhandlung Christian Kaiser im Rathaus von der Familie verkauft wurden.
Albert Lempp war einer der bedeutendsten evangelischen Verleger überhaupt. Durch seine Arbeit wurde München, das damals noch keine evangelische Fakultät besaß, zu einem theologischen Zentrum. Dabei war ihm die Freundschaft und Unterstützung durch Pfarrer Georg Merz als Chef-Lektor wichtig.
Der wies ihn auf den Römerbrief-Kommentar von Karl Barth hin, Lempp verlegte ihn 1922. Neben Karl Barths Schriften veröffentlichte er auch die Werke anderer zeitgenössischer Theologen (Friedrich Gogarten, Eduard Thurneysen u.a.). Er begründete auch bedeutende theologische Schriftreihen, wie Zwischen den Zeiten, Evangelische Theologie, Theologische Existenz heute, Bekennende Kirche, Theologische Studien und machte auf diese Weise die kerygmatische Theologie in Deutschland bekannt.
Für Merz war Albert Lempp der genialste Verleger, der die Gabe hatte, bedeutende Literatur gleichsam zu „riechen“ – und der den Mut hatte, sie auch unter den Repressalien der Nazis zu verlegen.
Mit Albert Lempp ist auch der sog. Lempp’sche Kreis verbunden, ein an Bibel und Theologie interessierter Kreis, der sich aber in der Nazizeit zunehmend zu einem konspirativen Treffpunkt entwickelte. So ist es nicht verwunderlich, dass in diesem Kreis auch die Osterbotschaft Münchner Laien entstanden ist.
Häufig war Isabellastraße 20, die Wohnung von Lempps, der Treffpunkt dieses Kreises, aber auch die Wohnung der Familie Classen, Theresienstraße 19. Ein konspirativer Kreis war es auch insofern, als man hier auf verschiedene Weise, aber durchaus mit Erfolg versuchte, jüdische Mitbürger durch Ausreise- und Fluchthilfe in die Schweiz, zu retten.

Über direkte Bemühungen Albert Lempps, unterdrückten und gefährdeten jüdischen Mitbürgern zu helfen, berichtet Frau Anna R. in einem Gespräch mit Dirk Schönlebe:
Albert Lempp ging oft abends mit seiner Tochter Elisabeth spazieren. Dabei verschwand auch er, ähnlich wie Pfarrer Kutter, immer wieder für einige Minuten in Häusern – er besuchte Verfolgte und nahm aus deren Wohnungen Wertgegenstände mit, die er versteckte und so dem Zugriff der Gestapo entzog. Die Tochter diente dabei nur als Tarnung, sie wurde auch alleine geschickt, zum Beispiel zur Familie Sp., um Wertsachen wie das Tafelsilber zu holen. Den Kinderarzt der Lempps, der mit einer getauften Jüdin verheiratet war, bei der Elisabeth Französisch-Nachhilfe nahm, luden die Lempps regelmäßig zu sich ein. Der „nichtarische” Protestant Otto S. arbeitete in der „Kaiser-Buchhandlung“ im Rathaus, die Albert Lempp gehörte, ebenso wie eine der Töchter der Familie Sp.
S. floh schließlich mit Lempps Hilfe in die Schweiz. Auf Ausflügen, die Familie Lempp unternahm, traf sich Albert Lempp mit dem Mann ihres Dienstmädchens, der als Zollbeamter in Ischgl/Tirol arbeitete. Er half Lempp, Grenzübertritte nach Landegg/Schweiz zu organisieren.
Auch anderweitig ist belegt, dass Lempp seinen Prokuristen Otto Salomon bis 1938 in seinem Betrieb gehalten hat, auch als er ihn zum Schluss nur noch als kleinen Angestellter beschäftigen durfte, und dass er dann dafür gesorgt hat, dass er mit seiner Frau sicher in die Schweiz kam.
Von den anderen Mitgliedern des Lempp’schen Kreises ist Ähnliches bekannt, vor allem von dem Deutsch-Schweizer Walter Classen.

Bis zu seinem Tode am 9. Juni 1943 (kurz vorher waren Verlag und Buchhandlung durch die Nazis geschlossen worden) war auch Albert Lempp an solchen Bemühungen beteiligt.
Bekannt ist, dass er seinen jüdischen Prokuristen Otto Salomon im Betrieb hielt, auch als er nur noch kleiner Angestellter sein durfte, und dass er ihm 1938 die Flucht in die Schweiz ermöglichte.

© Armin Rudi Kitzmann
Pfarrer und Studiendirektor i. R.